Eide Dringenberger Bürger und Angestellter

In den vergangenen Jahrzehnten war es in breiten Teilen der Bevölkerung Mode geworden, bei jeder Gelegenheit nach dem Staat zu rufen. Ganz schuldlos war dieser daran nicht, hatte er doch viele Aufgaben an sich gezogen und so den Bürger mehr und mehr bevormundet. Als dann allerorten die Kassen leer waren, besann man sich wieder auf ihn. Es wurde mehr Engagement gefordert und die Übernahme von Verantwortung bei öffentlichen Aufgaben angemahnt. Die „Ehrenamtlichen“ wurden hofiert wie selten zuvor, weil manche Einrichtungen ohne sie hätten geschlossen werden müssen.

Die nachfolgenden Eide unserer Vorfahren verlangten von den Bürgern und Stadtbediensteten ein hohes Maß an Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit und den Schwachen in der Gesellschaft (z.B. Witwen und Waisen).

Überträgt man die Inhalte der Eide in abgewandelter Form in die heutige Zeit, dann waren sie gar nicht so altmodisch, wie man zunächst meinen möchte. Die Menschen werden heute, wie auch vor dreihundert Jahren, halt verstärkt in die Pflicht genommen.

Bürgereid von 1802

Ich gelobe und schwöre zu Gott einen körperlichen Eid, daß ich dem gnädigsten regierenden Fürsten und Herrn will getreu und hold sein. Bürgermeister und Rath hiesiger Stadt gehorsam sein, die städtischen Gerechtsame (Vorrechte) mit schützen und erhalten, dem städtischen Gerichte zu folgen, die Heinhölzer heinen und mit pflanzen helfen, die onera (Last, Abgabe) mit tragen, der Bürgerglocke folgen oder wenn ich von dem Diener zum Erscheinen vorgeladen werde, erscheinen will, überhaupt daß ich dasjenige, was ich als ein gottesfürchtiger Bürger thun und lassen muß, thun und lassen will. So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium: Im Anfange war das Wort und das Wort war bei Gott.

Nach dem Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm aus dem Jahre 1877 bedeutet ‚heinen’ hegen, pflegen und schützen. "Heinhölzer" waren die jungen, nachwachsenden Bestände. Das Vieh durfte nicht in die "Heinhölzer" getrieben werden.

Eid eines Gemeinheitsherrn 1700

Ich gelobe und schwöre, daß ich will ein treuer Gemeinheitsherr sein, dem Bürgermeister auf seine Forderung gehorsamlich folgen, die Stadtmauern, Wege und Stege nach Möglichkeit bauen und bessern, die Heinhölzer heinen und pflanzen, Witwen und Waisen schützen und schirmen, einem jeglichen Bürger seinen zu wandeln (verhüten), so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium.

Eid eines Försters 1700

Ich als bestellter Holzförster gelobe hiermit und schwöre einen Eid zu Gott und auf dessen heiliges Evangelium, daß ich mein mir aufgetragenes Amt, soviel mir möglich, getreu und fleißig, wie einem getreuen Holzförster gebührt, ohne einige besondere Neigung oder Parteilichkeit verrichten will, die Stadthölzer fleißig besuchen und visitieren, den etwa betretenden Excessen (Unfug treibende Personen) ohne Unterschleif (Unterschlagung) Bürgermeister und Rath und niemand anders denuncieren, auch nicht den geringsten Unterschleif machen, sondern alles getreu und ohne Gefährde nachleben, so wahr mir Gott helfen soll und dessen heiliges Evangelium: Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott.

Eid eines Fleischherren oder Fleischbeschauers um 1700

Als vermöge unserer Statuten zu gemeinem Nutzen verordnet, daß in unserer Gemeinheit sichere (bestimmte) Fleischherren und Schmeckeherren angesetzt werden sollen, ich dann dazu auf ein Jahr lang vom ehrbaren Rath erwählt, so lobe und schwöre ich, daß ich solche mir aufgetragene Stelle fleißig ohne einzige Arglist und Gefährde vertreten, das Fleisch bei Christen und Juden nach seinem Werthe keinmand (niemand) zu Liebe oder zu Leide oder um meines eigenen Nutzens willen, sondern wie ich es in meinem Gewissen vor Gott verantworten kann, taxiren und setzen will, so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium.

Eid eines Feuerherren vom 6. Februar 1696

Weil mir wohl wissend bekannt, daß mein gnädigster Fürst und Herr eine Feuerordnung im Lande gnädigst publiciren lassen, daß an jedem Orte gewisse Feuerherren angesetzt und verordnet werden sollen, ich demzufolge solchem ausgelassenem Edict (Erlaß) von der Bürgerei unter andern erwählt, so lobe und schwöre ich ohne einzige Arglist, daß ich guten Fleiß und gute Obacht auf die in unserer Gemeinheit befindenden gefährlichen Feuerstätten geben, dahin sehen, daß die gefährlichen Orte gebessert, kein Flachs oder sonst dem Feuer leicht anklebenden Sachen in Stuben oder sonst gefährlichen Orten geduldet, darin mit Keinmandten (Niemanden) coniriren oder durch die Finger sehen, die vorfallenden Excesse Bürgermeister und Rath zu fordrist (gleich) denunciren (melden, anzeigen), auch sonst dem fürstlichen Edicte, soviel mir wissig, in allem gebührend nachleben will. So wahr mit Gott helfe und sein heiliges Evangelium: Im Anfange war das Wort und das Wort und das Wort war bei Gott.

Eid eines Rendanten (Receptor) 1784

Ich schwöre zu Gott, dem Allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erde, Belohner des Guten und Bestrafer des Bösen, daß ich als angeordneter Receptor die städtischen Einkünfte und Landschatzungen ohne Ansehen der Person will in der Verfallzeit beitreiben, der Stadt zur gehörigen Zeit will berechnen (Rechnung legen), nichts als was ich wahrlich (in Wahrheit) für die Stadt gezahlt und ausgelegt habe will zur Rechnung bringen. Bei dem Verkaufe des Holzes und dessen Anschlagung dasjenige, was der Stadt schuldig ist, will vermeiden, will darauf bestehen, daß der übliche und von den Bürgern gewöhnlich zu zahlende Preis festgesetzt und berichtiget werde in allen Fällen und Begebenheiten den städtischen Nutzen will suchen, daß Schädliche hemmen, kurz mich so betragen, dasjenige thun und lassen, was ein gottesfürchtiger, ehrlicher Receptor thun und lassen muß, so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium: Im Anfange war das Wort und das Wort war bei Gott.

Eid eines Wassermeisters 1700

Ich schwöre einen Eid zu Gott und auf das allerheiligste Evangelium, daß ich mein mir aufgetragenes Amt, so viel nur möglich, getreu und fleißig, wie einem treuen Wasserleiter gebührt, ohne einige Versäumniß oder Aufenthalt verrichten will und auf der Kunst, sowie allem Zubehör, fleißig acht zu geben, damit nichts versäumt werde, auch noch auf den Wassergraben und Rinnen täglich Obacht zu haben, daß nicht zuviel oder wenig Wasser auf das Wasserrad gelaufe, daß dadurch das Krummstück oder der ganzen Kunst Schaden geschehen kann und der Stein, worin die Wasserkunst steht, wenigstens alle 14 Tage gereinigt wird, auch die eisernen Wasserpfeifen soviel möglich zu conservieren, damit selbige, wenn sie aufgehoben werden nicht in Stücke gehen, auch selbige bei Zeiten zugeworfen werden, damit selbige nicht wegen Frostes in Stücke gehen oder zufrieren. Auch mit Schmiertegelhanpf und dergleichen, soviel möglich zu moderiren (regeln), damit nicht zu viel oder zu wenig verbraucht wird, Tag und Nacht darauf zu achten, auch keine Kinder oder Unverständige dahin schicken, damit nichts versäumt und versehen wird, sondern alles getreu und ohne Gefährde nachleben will, so wahr mir Gott helfen soll und das heilige Evangelium: Im Anfange war das Wort.

Eid des Wassermeisters Christoph Gehlen vom 3. Februar 1802

Gestalten er sein Amt oder Dienst treulich wolle vertreten, wolle sorgen, dass beständig Wasser auf die Stadt geführt werde; die sich außerdem Gebrechen an Rohren, Mörsern, Krumzapfen wolle anzeigen, deren Reparatur wolle befördern, von dem von erfordernden Materialien, Oel, Hanfpech, Wachs, Ungel oder Unschlitt (Talg), Leder p.p. nichts zu seinem Nutzen wolle verbrauchen, in seine Verdienstrechnung nichts andersten als was wirklich und ehrlich verdient habe, auch nicht übertreiben wolle ansetzen, überhaupt alles dasjenige thun und lassen wolle, was ein gottesfürchtiger Wassermeister thun muß.

K. Gehle